Du bist nicht du, wenn…
Warum Containing eine der großen Stärken in der offenen Jugendarbeit ist
Wer kennt ihn nicht, den einprägsamen Werbespruch „du bist nicht du, wenn du hungrig bist“. Genauso geht es uns, wenn wir etwas Schlimmes erleben, große überwältigende Gefühle verspüren und nicht wissen, wohin damit.
Du bist nicht du wenn, zeigt also auf, was wir nicht gelernt haben, mit was wir nicht umgehen können. Das lernen wir durch Erfahrung, z.B. Ein Baby schreit, weil es Hunger hat und die Bezugsperson beruhigt und füttert (und wird nicht wütend, weil das Baby schon wieder schreit).Eine 4-Jährige stürzt mit dem Fahrrad und die Bezugsperson tröstet und ermutigt wieder aufzusteigen (und schimpft nicht, weil sie sogar zum Fahrrad fahren zu blöd ist). Als 8-Jähriger bist du nicht so gut im Lesen und deine Bezugsperson übt mit dir und zeigt dir andere Stärken (und ist nicht überfordert, weil sie selbst nicht gut lesen kann). Als Pubertierender machst du so allerlei Blödsinn und deine Bezugsperson hält zu dir und bleibt im Gespräch mit dir (und sagt dir nicht, dass du einmal Leistung bringen musst, um dir Respekt zu verdienen).
Es spielt bei all diesen Prozessen auch die Erfahrungen der Eltern/Großeltern usw. mit. Gerade in der Pubertät werden diese vielleicht erlebten Defizite sichtbar und das oft als schädliches oder sich selbst schadendes Verhalten. Oft als klassische Streitereien oder Anschweigen – also die Palette an Konfliktlösefähigkeiten einer Familie, bis wieder eine gemeinsame, sich guttuende Ebene entsteht.
Oder eben auch nicht. Dann kommt es zu hässlichen Auseinandersetzungen, zu übermäßigem Suchtkonsum jeglicher Art, zerstörerischen Taten.
Hier beginnt oft die offene Jugendarbeit. Hier finden erste Kontakte statt, Heranzutasten an stabile Beziehungen, Testen von Vertrauen. Hier kann das konstante Angebot, das stabil und verlässlich ist, zum Tragen kommen und im besten Fall, diese Versuche der Psyche, sich in ein Gleichgewicht zu bringen, zu unterstützen, hier neue Ideen für ein gesundes Selbst zu finden, um möglichst oft „du zu sein, auch wenn…“
25.11.2020 Mag. Alexandra Douschan